Passende Funktion für mich?

yhiltl

Member
11. Feb. 2019
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Hallo Liebes Forum

Ich habe gerade meinen dritten WK hinter mir und zwei Leute in meiner Kompanie gehen nun mit dem nächsten nach Kosovo, um Ihren KFOR Einsatz zu leisten. Mich interessiert das Thema auch und wollte hier im Forum über das Leben vor Ort nachfragen und was eine passende Funktion für mich sein könnte. Hier einige Angaben über meine Person, welche relevant sein könnten:
24 jährig, RS 2020 abgeschlossen, Infanterist / Fahrer C1 Wachtmeister, im zivilen Zeichner Architektur (Weiterbildung zu Techniker HF Bauplanung), Englisch auf B2 Niveau (leider ohne Diplom). Was wäre eine passende Funktion anhand dieser Infos?

Fragen zum Leben vor Ort / Ausbildung in Stans:
Gibt es Urlaub / Ferien?
Wie ist die Arbeitswoche gegliedert? (Sa und So frei?)
Wieviel Freizeit hat man vor Ort?
Wie wäre der Lohn einer für mich passenden Funktion?
Welches zusätzliche Material/Ausrüstung erhält man für den Auslandseinsatz im Kosovo?
Ist die Ausbildung in Stans streng (Körperlich/psychisch)?

Danke für eure Antworten.
 
Hallo Kamerad

Eins vorweg: Mein einjähriger Einsatz zugunsten der KFOR liegt mittlerweile schon fast ein Jahrzehnt zurück (Kontingente 29 und 30), deswegen kann ich nur basierend auf meiner Erfahrung von damals "aus dem Nähkästchen plaudern". Es ist viel passiert in den letzten Jahren bei der Swisscoy, aber vieles wird vermutlich auch gleich geblieben sein.

Bezugnehmend auf deine Fragen:

Der Ausbildungskurs ist hinsichtlich Zeitverhältnissen (Inhaltlich sieht's ander aus!) vergleichbar mit einem Schweizer WK. Will heissen: Samstagmorgen früh abtreten in den Wochenendurlaub, Sonntagabend bis Mitternacht wieder einrücken. Im Einsatz gibt es grundsätzlich pro Woche einen sog. Day-Off (also de facto eine 6-Tage-Arbeitswoche). Der freie Tag wird üblicherweise sonntags eingezogen. Grundsätzlich steht die dienstliche Notwendigkeit im Vordergrund und bestimmt, wie ein Arbeitstag aussieht und wann der freie Tag eingezogen wird. Es ist auch von der Funktion abhängig, wie dein Alltag genau aussieht. Ein Mechaniker oder Koch beispielsweise hat einen strukturierteren und örtlich begrenzteren Arbeitstag, als ich ihn als PIO hatte. Ich war viel unterwegs und hatte auch abends oftmals etwas zu tun. Grundsätzlich wird aber ein für Schweizer Verhältnisse "üblicher" Arbeitstag angestrebt (wie gesagt: Sofern es Dienst, Pendenzenliste und der Auftrag zulassen), d. h. Betriebsschluss nach dem Znacht.

Während der rund 6-monatigen Aufenthaltsdauer im Einsatzraum hast du vertraglich ungefähr 20 Ferientage zugute (Bitte mach mich für diese Zahl nicht haftbar!) Die Ferien werden üblicherweise in zwei Tranchen bezogen. Das bedeutet, du kannst deinen Einsatz faktisch dritteln. Für den Bezug von Ferien muss die Stellverteterregelung gewährleistet sein und es darf nur immer max. ein gewisser Prozentsatz des Gesamtkontingentes gleichzeitig abwesend sein. Selbstverständlich wird, wenn immer möglich, auf deine persönlichen Wünsche Rücksicht genommen. (Das klappt erfahrungsgemäss meistens auch ganz gut.) Aber auch hier hat eine etwaige dienstliche Notwendigkeit nötigenfalls Vorrang. Üblicherweise werden die Ferien schon im Verlauf des Ausbildungskurses durch den S1 und seinen S11 geplant.

Zur Freizeit: Wie oben schon geschrieben: Grundsätzlich vergleichbar mit einem Job in der Schweiz. Abends machst du Fitness / Sport (Die sportlichen Möglichkeiten sind vielfältig... ganz egal, welchen Sport du magst, du findest bestimmt gleichgesinnte Kameraden!), kuckst einen Film, triffst dich mit Kameradinnen und Kameraden und hockst zusammen und knüpfst Beziehungen mit Kameraden aus den verschiedensten Nationen usw. usf. Es gibt innerhalb des Camps auch immer wieder Veranstaltungen (Irgendeine Nation hat immer Nationalfeiertag, es ist irgendein Feiertag, es ist WM, oder und und und... :D) Ausgangsrayon: Camp. Aber innerhalb der Camps gibt's sog Betreuungseinrichtungen (sprich Resturants, Beizen, PX Stores etc.) Ausnahme sind natürlich die LMTs, die in ihrem eignen Haus untergebracht sind.

Der Lohn ist im Wesentlichen abhängig von deiner Funktion (es geht um Stufe, Verantwortung, Anzahl Unterstellter etc.) und deinem Alter. Zwischen 6'000 und 10'000 pro Monat kannst du rechnen. (Ich weiss, das ist sehr grob gesagt xD

Material: allerhand. :D Du rückst zivil ein und wirst dann komplett zu Beginn des Einsatzkurses neu ausgerüstet. Grundsätzlich mit dem gleichen Material, das du aus deinem Milizdienst kennst. Ausnahmen: Bei ICS, Medikamenten usw. beziehst du die "scharfe" Version und natürlich nicht die Übungsattrappen wie in der RS. :D Es gibt auch zusätzliches Material: Zum Beispiel Holster und Bewaffnung je nach Funktion, die hitzefreundlichere, sandfarbene Variante des TAZ mit dazugehörigen Stiefeln usf.

Wenn du psychisch stabil, gesund sowie einigermassen belastbar bist und deine Fitness intakt ist, sind der Ausbildungskurs und der Einsatz gut machbar. Körperlich ist der Ausbildungskurs meine Erachtens keine grosse Herausforderung. Es gibt zwar den TRIFIT und einen Mini-Marsch, aber im Vergleich zu deiner UOS beispielsweise ist es vermutlich eher "Low Level". Viel wichtiger ist es, dass du geregelte Verhältnisse hast in der Schweiz vor deiner Abreise in den Einsatzraum und keine offenen Konflikte "mitnimmst". Weil die Distanz macht diese in der Regel schlimmer, anstatt sie zu lösen. Des Weiteren musst du damit zurecht kommen können, dass es beim alltäglichen Komfort Abstirche gibt und du tagaus tagein auf begrenztem Raum mit den gleichen Leuten auskommen musst. Aber das Campleben wird zu einem gewissen Teil bereits während der Ausbildung in Stans "simuliert" (Unterbringung in Containern etc.)

Was deine Funktion angeht, finde ich es noch schwierig, dir einen konkreten Ratschlag aus dem Ärmel zu schütteln. Schliesslich muss dir deine Tätigkeit letztlich auch Spass machen! :) Wesentlich ist, dass du für deinen "Wunschjob" von irgendwoher das nötige Rüstzeug mitbringst (egal ob aus dem Zivilen oder aus dem Militär...)

Hier: https://www.peace-support.ch/taetigkeitsbereiche
oder hier: https://www.vtg.admin.ch/de/karrier...m-ausland-swissint/stellenmarkt-swisscoy.html
hast du dich schon einmal umgesehen?

So viel dazu erstmal. :D Bei Fragen: fragen!
(Und Leute, die erst kürzlich im Einsatz waren, mögen mich bei Unstimmigkeiten bitte korrigieren!)
 
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Gibt es Urlaub / Ferien?
Stans: Kein Urlaub, ausser dem normalen militärisch üblichen Wochenende.

Kosovo: Zwischen 18 und 21 Tagen, abhängig vom Startdatum des Einsatzes und des Alters. Neue Devise des Komp Zen ist es, dass man die Tage am Stück nimmt. Startdatum ist jeweils Freitag oder Dienstag, da dann die Versorgungsflieger gehen. Der Reisetag und der Sonntag in der CHE zählen nicht zu den Ferientagen. Wie ian schon gesagt hat, werden die Ferien während des AK definiert, Änderungen im Aussnahmefall sind möglich. Bei den Ferien gilt zu beachten, dass die Einsatzfähigkeit weiter sichergestellt sein muss, sprich nicht alle gemeinsam, C und Stv nicht gemeinsam und gewisse Funktionen müssen bei gewissen Besuchern aus der CHE ebenfalls im Einsatzraum sein.

Wie ist die Arbeitswoche gegliedert? (Sa und So frei?)
Stans: Devise des designierten Kdt AZ (ab Mitte 2023) wird sein, dass man Montag beim AV (zw 0730 und 0800) pünktlich anwesend ist, Einrücken am Sonntag selbstverständlich trotzdem möglich aber nicht mehr zwingend. Abtretten jeweils Freitag gegen den späten Nachmittag, je nach Woche unterschiedlich.

Kosovo: 6-Tage Arbeitswoche. IdR ist der Sonntag frei, je nach Funktion und Arbeitsaufwand wird auch am Sonntag gearbeitet. Nicht bezogene Freitage müssen/dürfen kompensiert werden. Arbeitszeit ebenfalls Funktionsabhängig, grundsätzlich gilt Mo - Fr 0800-1800 und Sa 0900-1700. Aber auch hier maximal davon abhängig, welche Funktion du hast und was gerade läuft.

Wieviel Freizeit hat man vor Ort?
Stans: Ausreichend, ausser du gehörst zu den 5-6 Schlüsselfunktionen (NCC, COS, S1, S3, Kdt NSE, Fw NSE) im AK neben der eigenen Ausbildung bereits Führungs- und Organisationsaufgaben wahrnehmen müssen.

Kosovo: Die Abende sind idR frei, aber wie bereits gesagt, maximal davon abhängig, was für eine Funktion du wahrnehmen wirst. Wichtig, wie ian schon erwähnt hat, du bist geographisch eingeschränkt. Deine Freizeit verbringst du entweder im Camp oder im Field House (LMT). Spassfahrten und einfach so auswärts essen wie im WK-/RS-Ausgang findet nicht statt. Andere Camps ohne dienstliche Bedürfnisse zu besuchen müssen von der Kontingentsführung abgesegnet werden. Von der KFOR selber werden immer mal wieder Ausflüge angeboten, an welchen man auf eigene Kosten teilnehmen kann. Die reichen von Go Kart an einem bestimmten Abend bis zu einem verlängerten Wochenende in Griechenland oder Montenegro. Sind gute Möglichkeiten aufgebaute Freitage zu kompensieren.

Wie wäre der Lohn einer für mich passenden Funktion?
Anhand Deiner militärischen Erfahrung schätze ich Dich auf unter 30J (Ab 30J kommt der grosse Lohnsprung).
Deine militärische Funktion ist meistens weniger entsscheidend für die Funktion, welche Du im Kosovo wahrnimmts, das zivile know how überwiegt. Anhand dessen würde ich Dich im Bereich des Pionier Zuges als Pi Zfhr Stv/Bauplaner sehen. Dabei wärst Du verantwortlich für die Projektierung und Durchführung von internationalen wie nationalen Bauprojekten. Infra Grfhr wäre ebenfalls was, dort verantwortest du primär die Instandhaltung sämtlicher CHE Infrastruktur in zwei Camps sowie der 4 Field Houses der LMT. Bei beiden Funktionen befindest Du dich zwischen 5k und 6k in Ausbildungskurs, während des Einsatzes kommen dann noch diverse Zulagen dazu, dann wärst Du irgendwo zwischen 6k und 6.5k.
Eher international wäre die Stelle als Staff Officer Engineering in der Joint Logistics Support Group, die neu ebenfalls von einem CHE besetzt wird. Dein Lohn wäre auf Grund der höheren Lohnklasse ca. 500 - 750 CHF höher. Für andere internationale Stabsstellen fehlt Dir militärische Ausbildung.
Wenn Du eher weg vom zivilen Beruf Erfahrungen sammeln willst wäre sicher LMT Observer etwas, der Lohn befindet sich dort eher wieder auf dem Niveau 5k - 6k ohne Zulagen.
Andere Stellen sind von Deinen privaten Interessen abhängig. Luftfahrt -->G3Air oder AirOps, HR -->S1/S11, Medien -->PIO (Stv), LKW/Kran -->Mot Fahrer. Als Fahrer wärst Du Lohntechnisch am tiefsten, bei den anderen Funktionen sind primär nationale Stabsstellen und befinden sich leicht unterhalb der internationalen Stabsstellen.

Welches zusätzliche Material/Ausrüstung erhält man für den Auslandseinsatz im Kosovo?
Gleiches wie in der RS inkl Schuhe, Socken, Feldflasche etc. Zusätzlich Teddy; GoreTex komplett (Hose, Kapuze); ICS (ABC) scharf inkl Medis und 2x Filter; div San Mat; wüsten Tarnanzurg; Aufklärermutz; anständiges Holster für Pistolenträger.

Ist die Ausbildung in Stans streng (Körperlich/psychisch)?
Nein. Bischen RS-Repetition in deutlich angenehmeren Umgangston und viele Theorien. Teils sehr spannend, teilweise gefühlt noch aus Kontingent 1. Prinzipiell gilt "Stans ist Stans und im Kosovo ist alles anders."
 
  • Thanks
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