Der Aktivdienst und Beförderung zum Oberleutnant
Der
Aktivdienst bei der Militärpolizei Bereitschaftskompanie sieht folgendermasen aus:
Es gibt fünf Züge (sind nicht die gleichen wie in der RS, sie werden neu gemischt, je nach Einteilung (Sprache, Wohnort, Fähigkeiten, etc)):
- KdO Zug, bleibt immer in Sion und übernimmt vor allem Aufgaben in Logistik und Dienstbetrieb
- Bereitschaftszug, ist die meiste Zeit in Sion, hält sich 24/7 bereit für spontane Einsätze, unterstützen gemäss Planung den Botschaftsschutz in zwei Schweizerstädten. Die Angehörigen dieses Zuges dürfen für die gesamten 6 Monate keinen Alkohol trinken.
- Einsatzzug West, verteilt im Sektor Westschweiz und bewacht militärische Infrastruktur
- Einsatzzug Zentral, verteilt im Sektor Zentralschweiz und bewacht militärische Infrastruktur
- Einsatzzug Ost, verteilt im Sektor Ostschweiz und bewacht militärische Infrastruktur
Die Wachtmeister sind in den unterschiedlichen Zügen verteilt und machen fast das gleiche wie die Soldaten.
Jeder Offizier wird auch hier wieder Zugführer eines Zuges.
KdO-, und Bereitschaftsoffizier sind dauerhaft in Sion oder gemäss Einsatz.
Die Sektor Offiziere sind generell in Sion, machen aber pro Woche eine Kontrolle auf jedem Standort in ihrem Sektor.
Ich wurde
Zugführer für den Sektor Zentralschweiz.
In dieser Rolle blühte ich richtig auf. Mit meiner gewonnenen Erkenntnis aus der RS ging ich mit einer veränderten Sichtweise in den Aktivdienst.
Während alle dafür bereit waren nach diesen anstrengenden 18 Wochen zu „chillen“ war ich voll motiviert.
Für mich stand der Einsatz im Mittelpunkt, da der „Zug“ ohnehin auf mehrere Detachemente in der Schweiz verteilt war.
Ich schrieb einen schriftlichen Befehl für den Einsatz auf Stufe Zug und machte die Kontrollen gründlich nach einem Schema und korrigierte auch strikt die Wachtmeister, wenn mir etwas nicht passte. Das bezog sich vor allem auf den Bereich Dienstbetrieb und Logistik, da die Einsatzverantwortung für den Wachtauftrag nicht bei der Miliz liegt.
In den ersten Monaten, war ich vermutlich so ein richtiges Arschloch, weil ich selbst im DD nicht sauber gefaltete Betten korrigieren liess.
Ich ass auf den Standorten, ich schlief auf den Standorten, ich ging mit auf Patrouille oder weitere Tätigkeiten und liess mir die Arbeit meiner Soldaten zeigen.
Ich genoss das, vor allem, weil es in den anderen Sektoren nicht immer optimal lief und ich so wirklich das Gefühl hatte, dass meine strenge Führung auch im DD etwas brachte, wo ich sonst während der RS oft das Gefühl der Ohnmacht hatte.
Ab Februar muss man sagen, nahm die Motivation ab. Langsam war das Ende in Sicht und da es auf den Standorten wirklich gut lief, hatte ich auch immer weniger zum korrigieren.
Für die Tour selber habe ich mit den ÖV nur zwei Tage gebraucht, mit dem Auto hätte man es an einem Tag schaffen können. Dienstagnachmittag war ich immer mit meiner Arbeit fertig, den Rest der Zeit bist du eigentlich nur am Depressionen schieben.
Wichtig ist für den DD, dass Du persönliche Ziele hast.
Sport, Sprache lernen, Bewerbungen schreiben, Bücher lesen, was auch immer, denn Du wirst wirklich sehr viel Zeit haben.
Ich habe in dieser Zeit mehr als 100 Seiten pro Tag gelesen, irgendwann habe ich aufgehört mit Lesen, weil das viele Bücher kaufen ins Geld ging.
Sport kannst Du schon machen, aber nach mehr als 3 Stunden joggen hast Du immer noch genug Zeit vom Tag übrig und jeden Tag 3 Stunden joggen ist auch irgendwann nicht mehr gesund.
Meine YouTube Wachtime ging enorm in die Höhe. Du hast wirklich gar nichts zu tun.
Ich will keinen meiner Kameraden an den Pranger stellen, aber meistens sind sie Heim gegangen. Ab Februar habe ich das dann auch gemacht, weil es hat mich angeschissen hat alleine in der Kaserne zu verblöden und zu sehen, wie andere Straffrei davonkommen.
Das ist nicht vorbildhaft so zu argumentieren, deshalb machte ich das zumindest vor meinen Soldaten & Unteroffizieren immer offen transparent, wann ich heimgehen würde. Einige hatten Verständnis, sie würden das gleiche machen, sagten sie mir, anderen waren angepisst, weil sie es nicht gerecht fanden.
Ich hatte mit einem Soldaten eine lange Diskussion darüber und witzigerweise fand er, dass ich es verdient hätte, während ich offen sagte, dass ich das nicht so empfinde.
Gerade während dem Militär ist die Sehnsucht nach Zuhause riesig. Ich weiss nicht warum mir mein Grad eine höhere Legitimation zugesteht auch wirklich nach Hause gehen zu dürfen.
Eine kleine Herausforderung während dem Aktivdienst für die Offiziere ist sicherlich die Beförderung von
Oberwachtmeister und
Gefreiten.
Pro Zug ein Oberwachtmeister und zwei Gefreite.
Nichts wurde meinen gesamten DD lang eigentlich so kontrovers diskutiert wie diese Entscheidung, und das noch bis zu meinem letzten Diensttag.
Du wirst danach immer einige Wachtmeister habe welche frustriert oder in Unverständnis sind. Überlege dir also nicht nur deine Entscheidung, sondern auch deine Begründung gut. Du hast mit deinen Unterstellten im DD so wenig zu tun, dass Du die allermeisten nicht mal mehr beim Namen nennen kannst.
Mein persönlicher Tipp:
DRA Ziffer 29 Absatz 3.
Wirklich, diese Diskussionen gingen mir nach der inflationären Langeweile am meisten auf die Nerven.
Weiter gibt es über den Aktivdienst nicht viel zu berichten.
Am Ende werden alle Leutnants – unabhängig von Note oder Leistung während des Dienstes – zum
Oberleutnant befördert. Deshalb war diese Beförderung auch nichts Besonderes oder fühlte sich unbedingt besser danach. Es änderte bis auf ein Klett und einen Eintrag im Dienstbüchlein rein gar nichts. Die 1.50 mehr Sold wurden von mir meist in Essen investiert.
Das
Ende des Dienstes war bescheiden.
Die Mannschaft wurde am Donnerstag entlassen das Höhere Kader am Freitag.
Am Morgen kam der Oberst der Militärpolizei auf Platz, um mit uns zu sprechen. Es gab Gipfeli, Kaffe aus dem Automaten und ein kleiner Austausch über unsere zukünftigen Pläne.
Auch wenn wir nichts Überragendes gleistet haben, fand ich den Anbetracht, dass wir 6 Monaten Aktivdienst leisteten für die Schweiz und kein kleines Geschenk erhielten überraschend. Es ist jetzt nicht schlimm, ich bin auch nicht enttäuscht, jedoch mit so einem kalten Abschied habe ich einfach nicht gerechnet.
Ich stand gemeinsam mit drei weiteren Oberleutnants und dem Fourier auf dem HV Platz auf Einglied im Achtung, der Kommandant entliess uns und danach flog das Béret in die Luft und das wars.
Oberleutnant a.D im zivilen Leben
Wenn ich auf meine gesamte Militärzeit zurückblicke, war die
Zeit als Soldat und Wachtmeister am besten, denn da hatte man noch Kameraden.
Als Leutnant ist man nur noch ein Einzelkämpfer, die anderen Leutnants haben ihre eigenen Probleme, welche sie auch nicht teilen können.
Die Offiziersschule ist eine tolle Erfahrung aber eine schlechte Vorbereitung. Während du in der OS nur Draussen, auf Märschen, Übungen und so Zeugs bist, hockst Du während dem Abverdienen die meiste Zeit im Büro.
Offizier sein ist ein Bürojob!
Das muss allen klar sein, die sich das überlegen zu machen. Mir war das vorher nicht klar und ich hätte sicherlich anders über meinen Werdegang nachgedacht.
Der Aktivdienst muss in die Lebensplanung passen, wenn man es sich leisten kann zwei Jahre nicht zu arbeiten, studieren oder eine Ausbildung zu machen, dann lohnt sich der DD, weil man keine WKs mehr leisten muss, sondern danach einfach fertig ist mit dem Dienst.
Nun, als
Abschlussrésumé?
Wer seine eigenen Grenzen finden möchte und nach praktischer Führungserfahrung sucht, kein Problem hat eine OS über sich ergehen zu lassen und gerne und viel im Büro arbeitet, dem kann ich die Offizierslaufbahn empfehlen.
Wenn Du einfach nur gerne im Militär bist, die Kameradschaft liebst, viel auf dem Feld sein möchtest und deine eigenen militärischen Fähigkeiten verbessern willst, dann würde ich dir das eher weniger empfehlen. Die OS wäre genau dein Ding, aber die ist nach 14 Wochen vorbei, das Abverdienen in der RS geht 19 Wochen. Dies musst du für dich selbst evaluieren.
Als ich von meinen Freunden gefragt wurde, ob ich im nächsten Leben
wieder Offizier machen würde, habe ich es vorsichtig so formuliert:
„Ich würde nochmals jederzeit ein Mal Offizier machen, aber niemals noch einmal.“
Wie aktiv ich auf dem Forum noch sein werde kann ich nicht sagen, da ich selbstverständlich zu aktuellem Stand und Entwicklungen nicht mehr so im Bilde sein werde, wie ich es die letzten zwei Jahre war.
Gerne aber beantworte ich noch weiter Fragen, falls es noch welche geben sollte.
Machts alle gut und geniesst eure Dienstzeit.
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