Homeguard

Kilian

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31. Dez. 2018
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Guten Tag miteinander

Als ich heute im Internet war bin ich auf ein Interessantes Postulat vom Kantonsrat Willi Vollenweider aus Zug gestossen. Es geht um die Prüfung der Rechtsgrundlage für eine Staatlich organisierte "Homeguard"Anhang anzeigen 2916-1-15932_Home-Guard.pdf

Jetzt interessiert mich was ihr davon haltet?

( Wenn das PDF nicht funktioniert bei Google Homeguard Kanton Zug eingeben)

Ich wünsche euch einen schönen Tag und Freue mich auf Antworten

 
Ich habe mein Militärdienst noch nicht angefangen, daher kann meine Antwort nicht als Fachwissen bezeichnet werden. Dies gesagt, ich gebe dir gerne meine Meinung auf dem Thema. 

Ich bin mir nicht sicher, ob ich diese Idee für gut oder schlecht halten soll. 

Viele andere Länder haben solche bewaffnete verbände (ich denke insbesondere an die Norwegische Heimevernet, die auf Gemeindebasis organisiert ist und eine Stärke von etwa 1200 aktive Reservisten hat. Auf bedarf können aber zuerst 3500 Männer ziemlich schnell im Dienst geboten werden, auf der mittlere Zeitspanne aber bis 25000. Sie verfügen über recht modernes Material und können nicht nur für Kampfhandlungen eingesetzt werden, siehe hier.) die mehr oder weniger gut funktionieren. Die meisten sind als Reservekräften der verschiedenen Armeen betrachtet. Soviel ich weiss, hatten wir hier in der Schweiz mit der Landsturm auch solche Formationen. 

Nun, der Bericht von Kantonsrat Wollenweider ist sicher detailliert und fundiert. Aus meiner Sicht ist das problem von asymmetrische Bedrohungen aber nicht mit einer Homeguard lösbar. Es würde sich um nichts anderes als eine Erweiterung des Milizprinzips feststellen: ich bezweifle dass im Falle eines Attentats die AdAs dieser "neue Landsturm" eigentlich schneller als die Milizeinheiten der Armee eingreifen könnten. Die müssten dafür in Dauerbereitschaft stehen (ein kleiner Pool könnte ja schon gehen, wie etwa eben in Norwegen). Und da jeder "Homeguard-AdA" schliesslich sein Zivilleben weiterführen sollte, wäre das aus meiner Sicht ein bisschen unpraktisch (da könnte man einfach die Bereitschaft der Armee verbessern (wie man es schliesslich jetzt mit der WEA und den MmhB versucht), denn die Abruffristen wären etwa die gleichen, und das Resultat wäre von mir aus ungefähr auch das gleiche. 

Ich hoffe ich konnte auf deine Frage ausreichend beantworten und wünsche dir ebenfalls einen schönen Tag ::D

 
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In der Bundesverfassung steht:

Art. 58 Armee
1 Die Schweiz hat eine Armee. Diese ist grundsätzlich nach dem Milizprinzip organisiert.
2 Die Armee dient der Kriegsverhinderung und trägt bei zur Erhaltung des Friedens; sie verteidigt das Land und seine Bevölkerung. Sie unterstützt die zivilen Behörden bei der Abwehr schwerwiegender Bedrohungen der inneren Sicherheit und bei der Bewältigung anderer ausserordentlicher Lagen. Das Gesetz kann weitere Aufgaben vorsehen.
3 Der Einsatz der Armee ist Sache des Bundes.
Den Absatz "Sie verteidigt das Land und seine Bevölkerung" kann die Armee seit spätestens seit Einführung der "Armee XXI" nicht mehr vollständig erfüllen. Kantonsrat Vollenweider (und viele andere Auch) hat dies erkannt. Kantonsrat Vollenweider war halt nunmal Kantons- und nicht Nationalrat, darum hat er für das Problem eine kantonale Lösung vorgeschlagen. Meines Erachtens ist die Wiedereinführung kantonaler Truppen keine Lösung dieses Problems, sondern schafft viele neue Probleme (Google-Tip: "Sonderbund"). Das Problem muss auf eidgenössischer Ebene gelöst werden: Die Armee muss aufgestockt werden, damit sie ihre Aufgaben wieder erfüllen kann.

 
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kann die Armee seit spätestens seit Einführung der "Armee XXI" nicht mehr vollständig erfüllen
Das ist eine Meinung, kein Fakt. Meine Meinung ist, dass die Armee die verfassungsrechtlichen Aufgaben durchaus erfüllen kann.

Hr. W. Vollenweider ist ja Teil der "Gruppe Giardino". Diesen Verein beurteile ich nicht sehr positiv, da er hauptsächlich nur "jammert" und der guten alten Zeit nachtrauert, als die Gummistiefel noch aus Holz waren. Ich habe den Eindruck, die sind noch nicht im Jahr 2019 angekommen. Das sogenannte "Konzept" der Homeguard habe ich schon länger durchgelesen. Ich bezweifle generell den Kampfwert der Heeresklasse "Landsturm". Wenn es darum geht, Objekte zu schützen ist das eigentlich eine Aufgabe der Polizei.

 
Nach meiner Meinung müsste die "Homeguard" ein Rein Infanteristisches Element sein und auf Kantonaler Ebene organisiert sein, aber falls nötig in die Schweizer Armee integrieren lassen.

Ich bezweifle generell den Kampfwert der Heeresklasse "Landsturm
Da die AdA der Homeguard Regelmässige WKs haben sollte das Niveau etwa gleich Bleiben.

 
Was verstehst du unter Verteidigung 
Unter "Verteidigung" verstehe ich eine Situation, in der sich die Schweiz verteidigen muss, d.h. das Ausmass der Bedrohung (Intensität, Ausdehnung) so gross ist, dass die territoriale Integrität, die gesamte Bevölkerung oder die Ausübung der Staatsgewalt bedroht sind und die Armee für die Verteidigung eingesetzt werden muss. [Siehe Sicherheitspolitischer Bericht 2016]

wie soll die derzeitige Armee diese Aufgabe erfüllen?
Im Rahmen der existierenden Doktrinvorgaben. Diese sind in den Reglementen festgehalten (z.B. Operative Führung, Taktische Führung). Kurz zusammengefasst - auf operativer Stufe - geht das so:

  • die Luftwaffe stellt den Schutz des Luftraumes sicher und verhindert im Verteidigungsfall, dass der Gegner die Luftherrschaft über der Schweiz erringen kann;
  • die Territorialdivision unterstützen die zivilen Behörden bei der Aufrechterhaltung der Infrastrukturen und Rahmenbedingungen für das öffentliche Leben und die Zivilbevölkerung. Gleichzeitig bereiten sie sich darauf vor, die operative Reserve mit gestaltenden Aktionen zu unterstützen und den Kampf im geeigneten Infanteriegelände zu führen.
  • Die operative Reserve, also die 3 Mech Brigaden, dienen der Dissuasion (Gegenkonzentration, Schwergewichtsbildung, entscheidende Operationen zur Vernichtung von kampfstarkem Gegner vor dem gegnerischen Überschreiten der Landesgrenze usw.). Sie werden eingesetzt, um nach Überschreiten der Landesgrenze durch den Gegner die Entscheidung zu suchen.
In Anbetracht des Potential eines möglichen Gegners, mit Einbezug der dünnen Personaldecke unserer Nachbarn, in Berücksichtigung des allgemeinen militärischen Potentials in Mitteleuropa und auch in Kenntnis der besonderen geographischen Begebenheiten der Schweiz komme ich zur fachmännischen Meinung, dass die heutige Armee durchaus in der Lage ist, die Schweiz zu verteidigen. Das soll nicht heissen, dass sich die Armee nicht verbessern kann (und muss). Aber sooooo schlimm steht es nicht um die Armee, wie das Beispielsweise die Gruppe Giardino kolportiert.

 
  • Die Luftwaffe besteht noch aus 25+5 F/A-18 und knapp unter 20 F-5 Tiger. Die Tiger werden demnächst ausgemustert. Die F/A-18 sind in ein paar Jahren am Ende ihrer Lebensdauer. Eine moderne Fliegerabwehr, insbesondere in die Höhe oder gegen Drohnen/Raketen, existiert de-facto nicht. Die Lufttransportkapazität ist bescheiden. Damit kann man die Lufthoheit nur im Sinne des Luftpolizeidienstes bei etwas erhöhter Bedrohungslage aufrechterhalten. Keinesfalls kann eine dissuasive (abschreckende) Wirkung erzielt werden, nur diese kann die Lufthoheit gegenüber einem Aggressor aufrecht erhalten.
  • Die Artillerie ist veraltet. Es besteht keine Anti-Artillerie-Fähigkeit und die Reichweite ist nicht mehr modern. Unsere Artillerie ist nur in einem asymmetrischen Konflikt ansatzweise einsatzfähig.
  • Die Ter Div sind nicht für den Verteidigungsfall ausgelegt und trainieren diese auch kaum. Sie kennen nur die Einsatzarten Unterstützung ziviler Behörden, Katastrophenhilfe, und subsidiäre Sicherungseinsätze, jedoch nicht Verteidigung. Die Ter Div haben die Verteidigung explizit auch nicht in Ihrem Auftrag.
  • Die 3 Mech Brigaden des Heeres verfügen über keine Infanterie. Rein zum Vergleich: Allein die russichen West-Streitmächte* verfügen über 2 Mech Inf Armeekorps (mit insgesamt 8 Mech Divisionen, weiteren Pz Div sowie diversen Ustü Truppen) und zusätzlich 1 Pz Armeekorps. Vor gut 30 Jahren verfügte die Schweizer Armee noch über 4 Armeekorps!
  • Die Mech Br verfügen über keine Infanterie, diese sind in den Ter Div und werden, wie Libero korrekt festgestellt hat, subsidiär eingesetzt, wohl auch im Verteidigungsfall (denn dann kann man sie davon erst recht nicht abziehen).
Aufgrund dieser Fakten komme ich zum gegenteiligen Schluss*. Die Armee kann die Aufgaben subsidiärer Sicherungseinsatz, Unterstützung ziviler Behörden und Katastrophenhilfe gut erfüllen. Das Heer entfaltet alleine aufgrund der Grösse kaum eine dissuasive Wirkung gegenüber einem Gegner. Es dient primär zum Wissenserhalt, damit ein sogenannter Aufwuchs sichergestellt werden kann (auch wenn dieses Konzept mit der WEA offiziell fallengelassen wurde). Das Heer ist, im Gegensatz zu den meisten Formationen in den Ter Div, nicht vollständig ausgerüstet, und wird es mit der WEA auch nicht werden. 

Ich will hier nicht schwarzmalen oder die Armee schlecht machen. Aber man darf auch nicht alles durch die rosarote Brille sehen. Die WEA hat viele Verbesserungen gebracht. Der effektive Abbau der Truppenstärke und der weitere Verlust Verteidigungsfähigkeit gehört aber nicht zu den Vorteilen der WEA. Es braucht eine kontinuierliche Weiterentwicklung, mehr Mittel und die Einsicht, dass die Armee im Krisenfall unsere Lebensversicherung ist. 

* es gibt auch noch Ost-, Süd- und Zentralstreitmächte, welche ich hier gar nicht aufführe
** Man muss übrigens kein Fachmann sein, um eine Meinung zu bilden.

 
Ich erlaube mir, auf Deinen Post in mehreren Abschnitten zu antworten:

Luftwaffe
 

Keinesfalls kann eine dissuasive (abschreckende) Wirkung erzielt werden, nur diese kann die Lufthoheit gegenüber einem Aggressor aufrecht erhalten.
Die Luftwaffe kann mit den sehr beschränkten Mitteln im Verteidigungsfall tatsächlich nicht die Lufthoheit sicherstellen. Wenn Du aber meine Antwort liest, siehst Du dort, dass das im Verteidigungsfall auch gar nicht die Aufgabe ist. Ich habe nämlich geschrieben: "... und verhindert im Verteidigungsfall, dass der Gegner die Luftherrschaft über der Schweiz erringen kann." Diese Aufgabe kann die Luftwaffe auch mit den sehr beschränkten Mitteln durchaus wahrnehmen. Und wenn der Gegner keine Luftherrschaft erringen kann, kann er auch keine vollumfänglichen Operationen durchführen, wie er das möchte. Weitere Angaben zur Luftkriegsführung finden sich in den entsprechenden Reglementen, wie "Operative Führung" oder "Der moderne Kampf". Und ich betone nochmals, ich habe nicht geschrieben - und es ist nicht Aufgabe der Luftwaffe - dass wir mit unseren Luftmitteln eine dissuasive Wirkung erzielen können. Das konnten wir noch nie in der Geschichte und werden wir als kleines Land nie können.

Die Ter Div sind nicht für den Verteidigungsfall ausgelegt und trainieren diese auch kaum.
Stimmt nicht - das weiss ich aus erster Hand. Die Mitteln sind da und trainiert wird das seit der Einführung der WEA. Die Verteidigung ist eine der Kernaufgaben der Ter Div. Der Verteidigungsbegriff wird heutzutage aber viel breiter ausgelegt als früher. Die Ter Div können die "alten" Aufgaben der Verteidigung auch (Sperren, Schlüsselobjekte halten, Räume überwachen etc.) und zusätzlich können sie, bereits im Verteidigungsfall aber bevor der Gegner die Landesgrenze überschritten hat (Stichwort "hybride Kriegsführung") die Schweiz verteidigen indem sie die Zivilgesellschaft bei der Aufrechterhaltung des normalen Lebens unterstützen.

Allein die russichen West-Streitmächte* 
Die russischen West-Streitmächte sind kein realistischer Gegner. Gründe: Distanzen zur Schweiz sind viel zu gross, zwischen Kaliningrad und dem Bodensee steht die NATO, die russischen Streitkräfte können auf absehbare Zeit keine Expedionen (im militärischen Sinn) durchführen. Einsätze vor der eigenen Haustüre (Ukraine) sind möglich. Bereits die Entsendung von kleineren Truppenbeständen wie nach Syrien binden die Streitkräfte aber deutlich. Hierzu empfehle ich den Blog www.offiziere.ch - der hat sich in einer dreiteiligen Serie mit der Entwicklung der russischen Streitkräfte in der Moderne befasst. Bezüglich Russland als potentiellen Gegner weise ich darauf hin, dass der grosse Unterschied zum kalten Krieg darin besteht, dass sich die Sowjets eben nicht mehr in Ostdeutschland bereithalten.

Die Mech Br verfügen über keine Infanterie
Richtig, das ist im derzeitigen Operationskonzept berücksichtigt.

Ich will hier nicht schwarzmalen oder die Armee schlecht machen. Aber man darf auch nicht alles durch die rosarote Brille sehen.
Das ist eine korrekte Aussage. Grösster Kritikpunkt meinerseits an der Gruppe Giardino ist es eben, dass sie immer noch der "alten" Idealvorstellung anhängen, die Schweiz habe keine Armee sondern sei eine. Die Mittel der Armee sind beschränkt. Als Bürger und Steuerzahler finde ich das gut. Ich will nicht in einem militaristischen Staat leben - das ist keine Demokratie in Freiheit. Und gerade deshalb muss sich die Armee mit ihren eingeschränkten Mitteln abfinden. Die derzeitige Konzeption hat sich auch deshalb korrekterweise von "Wunschvorstellungen" verabschiedet und es wird mit dem geplant, was da ist. 

Es braucht eine kontinuierliche Weiterentwicklung, mehr Mittel und die Einsicht, dass die Armee im Krisenfall unsere Lebensversicherung ist. 
Das sehe ich auch so und das sieht auch die Armeeführung so. Und auch die Politik, die das bereits über Rüstungsprogramme bestätigt hat.

Man muss übrigens kein Fachmann sein, um eine Meinung zu bilden.
Das ist korrekt. Aber dann darf man keine absoluten Aussagen wie "Den Absatz "Sie verteidigt das Land und seine Bevölkerung" kann die Armee seit spätestens seit Einführung der "Armee XXI" nicht mehr vollständig erfüllen." machen. Meinungen sind gut, Fachwissen ist besser. Ich will Dich auch nicht persönlich angreifen, Du hast als Truppenarzt sicher ein gewisses Grundverständnis der Armee. Aber es gibt durchaus Funktionen, die mehr wissen. Mit jedem Ausbildungslehrgang mehr, den man macht bekommt man auch mehr Wissen. Darf ich einen Vergleich ziehen? Klar kann ein Assistenzarzt der Meinung sein, er wisse wie die Gesundheitsversorgung eines Kantons sein muss. Aber er muss wahrscheinlich anerkennen, dass es für die konkrete Verbesserung und allenfalls die Umsetzung durchaus besser ausgebildete Personen mit einem grösseren Erfahrungsschatz gibt.

Ich will damit nicht den Eindruck erwecken, kritische Fragen aus der "Froschperspektive" seien unerwünscht. Aber ich will damit sagen, dass es durchaus Fachleute (und zwar aus der Miliz...) gibt, die ihr Metier verstehen. Wenn nun also altgediente ehemalige Offiziere, wie die aus der Gruppe Giardino, nun ewig gegen die derzeit aktiven Offiziere hetzen, ist das aus meiner Sicht einfach kein kameradschaftliches Gebaren.

Und nun frage ich Dich konkret: Wieso kann die Armee die verfassungsmässige Aufgabe "Verteidigung" nicht erfüllen? Ich habe aus meiner Sicht aufgezeigt, dass die durch Dich erwähnten Mängel (teilweise) durchaus bestehen, aber so in der Planung berücksichtigt wurden. Kannst Du mir ein anderes Verteidigungskonzept aufzeigen, das den heute bestehenden Realitäten angepasst ist? Dabei müssen aber auch die erwähnten, knappen, Mittel berücksichtigt werden. Und auch die Tatsachen, dass wir aus rein demographischen Gründen nicht mehr als die derzeitigen Rekrutenjahrgänge rekrutieren können. Ich bin gespannt auch die Antwort.

 
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Danke Libero für deine ausführliche Antwort.

bezüglich dissuasiver Wirkung der Luftwaffe:

Das konnten wir noch nie in der Geschichte und werden wir als kleines Land nie können
http://www.css.ethz.ch/content/dam/ethz/special-interest/gess/cis/center-for-securities-studies/pdfs/200902_SI.pdf Seite 9

Es geht darum, nach einem erfolgten konventionellen oder terroristischen Angriff die gegnerische Operationsbasis oder Waffensysteme, die weniger als 200 km von der Grenze entfernt stehen, in ihrer Aktion behindern oder vernichten zu können. Nicht zu unterschätzen ist in diesem Zusammenhang die dissuasive Wirkung der blossen Existenz der Fähigkeit zu einem solchen Gegenschlag. Es geht vor allem darum, die Fähigkeit zu erhalten und zu beschaffen, wenn sich die nachbarlichen politischen Verhältnisse nicht so stabil entwickeln, wie dies heute der Fall ist. Die Existenz von NATO und EU ist keine Gesetzmässigkeit.
bezüglich Verteidigungsfähigkeit Ter Div:

Stimmt nicht - das weiss ich aus erster Hand. 
https://fuehrungsstab.lu.ch/-/media/Fuehrungsstab/Dokumente/Chef_Bevolkerungsschutz/Behoerdenrapporte/2018/06_WEA_Div_HP_Walser.pdf?la=de-CH Folie 11 -> Verteidigung wird mit keinem Wort erwähnt. Und die Präsentation ist immerhin von Div Walser, Kdt Ter Div 2.

Bezüglich Russland als möglichem Gegner

Die russischen West-Streitmächte sind kein realistischer Gegner. 
Sicherheitspolitischer Bericht des Bundesrates 2016 https://www.vbs.admin.ch/de/themen/sicherheitspolitik/sicherheitspolitische-berichte/sicherheitspolitischer-bericht-2016.detail.document.html/vbs-internet/de/documents/sicherheitspolitik/sipolb2016/SIPOL-B-2016-de.pdf.html

In Nordeuropa fühlen sich auch bündnisfreie Staaten zunehmend von Russland bedroht. Finnland und Schweden dürften ihre Verteidigungsfähigkeit deshalb in den nächsten Jahren wieder verstärken.

Die Schweiz muss angesichts dieser angespannten Lage und dieser bestehenden Risiken die militärischen und sicherheitspolitischen Entwicklungen in Europa laufend aufmerksam verfolgen und die für die Verteidigung kritischen Fähigkeiten bewahren und weiterentwickeln – auch wenn die Wahrscheinlichkeit gering ist, dass ein bewaffneter Grosskonflikt in Europa ausbricht und die Schweiz dann von diesem militärisch erfasst wird.
Klar, daraus kann man keine direkte Angriffsabsicht erkennen, diese gibt es zum Glück derzeit auch nicht (und wir wären ja auch überhaupt nicht darauf vorbereitet). Was aber in 5 oder 10 Jahren ist, weiss niemand. Die Annexion der Krim hat auch kaum einer vorausgesehen. Ich bin einverstanden, die russischen West-Streitmächte sind heute kein realistischer Gegner. Aber was ist mit morgen?

Zur Frage der grösseren Armee

Ich will nicht in einem militaristischen Staat leben - das ist keine Demokratie in Freiheit.
In den 80ern sagte man: Die Schweiz hat keine Armee, die Schweiz ist eine Armee. Trotzdem war die Schweiz schon damals eine Demokratie (und zwar eine mustergültige und eine der am Besten funktionierenden weltweit) und die Bürgerinnen und Bürger lebten in Freiheit – und hatten auch die Sicherheit, dies auch in Zukunft tun zu können, da man sich unter Anderem durch die Armee geschützt fühlte. Niemand fordert einen militaristischen Staat (das bedeutet, dass die Armee das Sagen hat), nicht einmal die Gruppe Giardino.

Und gerade deshalb muss sich die Armee mit ihren eingeschränkten Mitteln abfinden.
Richtig. Aber die Bürgerinnen und Bürger müssen es nicht, sie sind der Souverän. Es ist legitim (und meiner Meinung nach eine Notwendigkeit), als Bürger dieses Staates eine stärkere Armee zu fordern. Die Armee hat dies zu unterlassen und mit den ihr zugewiesenen Mitteln bestmöglich den Auftrag zu erfüllen bzw. zu melden, wenn die Mittel hierfür nicht reichen.

Auf die Infragestellung meiner Kompetenz, die Verteidigungsfähigkeit der Armee zu beurteilen, gehe ich nicht ein. Die Verteidigungsministerin war nie in der Armee und führt sie trotzdem. Der letzte Verteidigungsminister war Korporal. Man muss keinen FLG, SLG oder gar GLG besucht haben, um das Gesamtsystem der Landesverteidigung zu verstehen. Das ist im übrigen auch nicht der Auftrag dieser Lehrgänge. Übrigens geht es hier nicht um die von Dir wiederholt erwähnte operative Stufe, sondern um die strategische Stufe. Dafür gibt es in der Armee gar keinen Lehrgang, da diese Stufe vom Bundesrat, Parlament und eben dem Bürger bearbeitet wird.

Und nun frage ich Dich konkret: Wieso kann die Armee die verfassungsmässige Aufgabe "Verteidigung" nicht erfüllen? Ich habe aus meiner Sicht aufgezeigt, dass die durch Dich erwähnten Mängel (teilweise) durchaus bestehen, aber so in der Planung berücksichtigt wurden. Kannst Du mir ein anderes Verteidigungskonzept aufzeigen, das den heute bestehenden Realitäten angepasst ist? Dabei müssen aber auch die erwähnten, knappen, Mittel berücksichtigt werden. Und auch die Tatsachen, dass wir aus rein demographischen Gründen nicht mehr als die derzeitigen Rekrutenjahrgänge rekrutieren können. Ich bin gespannt auch die Antwort.
Um die verfassungsmässige Aufgabe "Verteidigung" zu erfüllen, muss die Armee eine so starke dissuasive Wirkung entfalten können, dass jeder mögliche Gegner gar nicht erst auf die Idee kommt, die Schweiz anzugreifen. Im Gegensatz zur Auffassung des Bundesrates und der Armeeführung bin ich auch nicht der Meinung, dass sich die Armee auf den wahrscheinlichsten Gegner vorbereiten muss sondern auf die gefährlichste gegnerische Möglichkeit (kommt dir das aus einem Lehrgang bekannt vor?).

Die Armee ist nicht Schuld an ihrem eigenen Unvermögen, im Gegenteil, die Armeeführung macht einen hervorragenden Job und holt das Beste aus den sehr beschränkten Mitteln im derzeitigen politischen Umfeld heraus. Selbstverständlich werde die Mängel in der Planung der Armee berücksichtigt - das erwarte ich auch so.

Anderes Verteidigungskonzept: Miliz mit stark verlängerter Dienstpflicht bis mind. zum 40 Lebensjahr. Vollständige und moderne Ausrüstung. Fokus der Führung, Ausbildung und Beschaffung auf die Verteidigungsfähigkeit (die gefährlichste Möglichkeit eben, wenn man das beherrscht, kann man auch alles Andere) und nicht auf die subsidiären Einsätze.

Demographische Mittel: Dienstpflicht bis 40. Wehrpflicht für alle Bürgerinnen und Bürger (+100% Rekruten). Weiteres Entwickeln der differenzierten Tauglichkeit. Abschaffung des Tatbeweises bei der Zulassung zum Zivildienst.

Die Armee kann dies nicht umsetzen, das ist mir klar und das habe ich auch nicht gefordert. Die Bürgerinnen und Bürger sowie die Politik müssen es tun.

 
Gnägi kann ja seine Meinung äussern auf die jetzige Zeit bezogen! Mit seinem Fazit: Das konnten  wir noch nie in der Geschichte und würden als kleines Land auch nie können. Gemeint ist die Luftwaffe? Gebe dann den Rat mal wieder ein Geschichtsbuch zu lesen: Im WK2 vom 1.- 10. Juni 1940 fanden über dem Jura Luftkämpfe statt mit der deutschen Luftwaffe. Diese haben sich unerlaubter Weise zur Abkürzung mit Gefechten mit der franz. Luftwaffe den Weg über den Pruntruter Zipfel gesucht. Es kam da zu Gefechten. Bei einem grossen Refancheangriff über Pruntrut gelang es unserer Luftwaffe 11 deutsche Kampfflieger abzuschiessen! Unsere Verluste waren 3 Piloten mit dem ersten Todesfall von Oblt Rickenbacher. Weil unsere Flieger so erfolgreich waren kochte es im D Generalstab. Somit wurde dann auf politischem Druck von Hitler von General Guisan befohlen, ab Juni 1940 keine Angriffe auf deutsche Flugzeuge mehr zu fliegen!  Das galt bis 1943, dann war unser Luftraum wieder offen. Somit wurden ab da deutsche / Allierte  Flugzeuge bekämpft, nB. mit weiteren Verlusten von Besatzungen! Dies zur Dissuation unserer Luftwaffe! Besser informieren im Netz.

 
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Ja ein wahrlich Grossartiger Erfolg…. http://www.kczum.ch/aviation/content_1940.htm

Ich gehe hier aber auch mit dem Autoren konform:

Die respektablen Erfolge der schweizerischen Jagdflieger darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass ein entschlossener Angriff der deutschen Luftwaffe auf schweizerische Flugplätze und die Infrastruktur, der Schweizer Flugwaffe ein kurzes aber aufregendes Leben beschert hätte.

 
Besser informieren im Netz.
Da möchte ich jetzt nicht ausführlich darauf eingehen. Aber das geschilderte Beispiel ist aus meiner Sicht eine Bestätigung meiner Aussage. Und ich bin der Meinung, dass es nichts nützt, sich nur im Netz "besser" zu informieren. Die Schlussfolgerungen/Bewertungen muss meistens selber ziehen.

 
Danke Libero für deine ausführliche Antwort.
Gleichfalls ?

Es geht darum, nach einem erfolgten konventionellen oder terroristischen Angriff die gegnerische Operationsbasis oder Waffensysteme, die weniger als 200 km von der Grenze entfernt stehen, in ihrer Aktion behindern oder vernichten zu können. Nicht zu unterschätzen ist in diesem Zusammenhang die dissuasive Wirkung der blossen Existenz der Fähigkeit zu einem solchen Gegenschlag. Es geht vor allem darum, die Fähigkeit zu erhalten und zu beschaffen, wenn sich die nachbarlichen politischen Verhältnisse nicht so stabil entwickeln, wie dies heute der Fall ist. Die Existenz von NATO und EU ist keine Gesetzmässigkeit.
Die Aussage von alt-KKdt Gygax ist sicher richtig. Auch ich bin der Meinung, dass die Armee die Fähigkeit zu operativem Feuer erlangen soll (ob über Luftwaffe oder Rak Art ist dabei nicht entscheidend). Aber auch zu Zeiten der Erdkampf-Hunter, bewaffnet mit AGM-65 Maverick ging es "nur" darum, Luftnahunterstützung (Close Air Support) zu ermöglichen resp. Frontnahe Bodenziele bekämpfen zu können. Um "Deep Strike" Fähigkeiten erreichen zu können, braucht es aus Sicht der Luftkriegsführung noch deutlich mehr, als nur Flugzeuge, die Boden-Luft Raketen abfeuern können. Wie eine solche Operation durchgeführt werden muss, kann ich aus zeitlichen Gründen hier nicht erläutern.

Und die Präsentation ist immerhin von Div Walser, Kdt Ter Div 2.
Nun gut, ich war diesen Januar am Jahresrapport der Ter Div 4. Aussage des Div Kdt bezüglich Übungsszenarien war dort, dass mit der Inf und dem G Bat die Verteidigung geübt werden soll. Die Übungsszenarien sind auf der höchsten Eskalationsstufe anzusiedeln. Und aus meiner Tätigkeit in der Armee weiss ich, dass dies bereits im vergangenen Jahr so umgesetzt wurde und weiterhin wird.

Ich bin einverstanden, die russischen West-Streitmächte sind heute kein realistischer Gegner. Aber was ist mit morgen?
Die russischen Streitkräfte werden auch morgen kein realistischer Gegner sein. Aber es kann durchaus sein, dass Nachbarländer von Russland destabilisiert sind oder sogar (teilweise) besetzt werden. Mit den Auswirkungen, die dann indirekt uns betreffen, muss sich die Armee abfinden und darauf reagieren können. Es geht aus meiner Sicht also nicht darum, den grossen russischen Stoss durch die Schweiz abwehren zu können, sondern die Schweiz verteidigen zu können, wenn die Lage in Osteuropa deutlich instabiler ist, als jetzt. Und damit möchte ich keinesfalls die Rolle Russlands verharmlosen, sondern nun für uns aufzeigen, was die Wiedererstarkung der russischen Streitkräfte für uns bedeuten kann.

Um die verfassungsmässige Aufgabe "Verteidigung" zu erfüllen, muss die Armee eine so starke dissuasive Wirkung entfalten können, dass jeder mögliche Gegner gar nicht erst auf die Idee kommt, die Schweiz anzugreifen. Im Gegensatz zur Auffassung des Bundesrates und der Armeeführung bin ich auch nicht der Meinung, dass sich die Armee auf den wahrscheinlichsten Gegner vorbereiten muss sondern auf die gefährlichste gegnerische Möglichkeit (kommt dir das aus einem Lehrgang bekannt vor?).
Das Prinzip des ausrichten auf die gefährlichste gegnerische Möglichkeit macht im Lehrbuch sicher Sinn. In der Armee (nicht nur in der Schweiz, sondern in allen mir weltweit bekannten Armeen - selbst Nordkorea) ist man zurecht davon abgerückt. Es wird nun in der Schweiz eine Kombination aus wahrscheinlichster und gefährlichster gegnerischer Möglichkeit ermittelt, die dann als "bestimmende gegnerische Möglichkeit" bezeichnet wird. Der Grund ist relativ einfach. Wenn wir nur von der gefährlichsten gegnerischen Möglichkeit ausgehen, müssen wir rasch zu Erkenntnis gelangen, dass die dazu nötigen Mittel die Schweizer Volkswirtschaft rasch überlasten. Ziel der Verteidigung muss es also nicht sein, dass der Gegner gar nie die Landesgrenze überschreitet. Sondern, wenn er es machen würde, wir Land und Leute so verteidigen können, dass es sich für einen Gegner nicht lohnen würde, die Schweiz vollständig zu "besetzen". Wir müssen uns von der Vorstellung abwenden, dass jeder Grenzstein verteidigt werden kann. Auch dieses Konzept ist übrigens nicht neu, mit der "Zentralstellung" war bereits ein ähnliches Konzept in Anwendung.

Ich behaupte also, dass die ausschliessliche Ausrichtung auf die gefährlichste gegnerische Möglichkeit zwar attraktiv wäre, wir uns das aber schlicht und einfach nicht leisten können.

Anderes Verteidigungskonzept: Miliz mit stark verlängerter Dienstpflicht bis mind. zum 40 Lebensjahr. Vollständige und moderne Ausrüstung. Fokus der Führung, Ausbildung und Beschaffung auf die Verteidigungsfähigkeit (die gefährlichste Möglichkeit eben, wenn man das beherrscht, kann man auch alles Andere) und nicht auf die subsidiären Einsätze.

Demographische Mittel: Dienstpflicht bis 40. Wehrpflicht für alle Bürgerinnen und Bürger (+100% Rekruten). Weiteres Entwickeln der differenzierten Tauglichkeit. Abschaffung des Tatbeweises bei der Zulassung zum Zivildienst. 

Die Armee kann dies nicht umsetzen, das ist mir klar und das habe ich auch nicht gefordert. Die Bürgerinnen und Bürger sowie die Politik müssen es tun.
Wenn man nun pro Rekrutenjahrgang mit 15'000 AdA rechnet, würde die Verlängerung der Dienstpflicht ein Bestand von ca. 300'000 AdA bedeuten. Wenn die Wehrpflicht auch für die Frauen gelten würde, wäre man bei ca. 600'000 AdA. Im Gegensatz zum kalten Krieg ist die kriegsgenügende Ausrüstung eines Soldaten heute viel aufwendiger und vor allem teurer. Es reicht also nicht, dass der Füsilier ein Stgw, Blechhelm und eine Gasmaske hat. Was die Standardausrüstung eines Inf Zuges ist, dürfte bekannt sein. Um also 600'000 AdA auszurüsten wäre ein initiales Rüstungsbudget von grob geschätzten CHF 20 - 40 Milliarden nötig. Dazu noch Immobilienprojekte im Umfang mehreren dutzend Milliarden CHF. Und das laufende Armeebudget wäre wahrscheinlich um die CHF 10 - 15 Milliarden pro Jahr. Nun stellt sich also die Frage, ob die Bürgerinnen und Bürger das so wollen. Kombiniert mit viel längeren Absenzen von der Arbeitsstelle (Stichwort: Kann das die Wirtschaft überhaupt finanzieren?). 

Aus den oben genannten Gründen bleibe ich bei meiner Aussage, dass die WEA die richtige Antwort auf die aktuelle Lage ist. Erstmals in der Geschichte der Schweizer Armee haben wir übrigens ein Leistungsprofil, dass vom Parlament politisch abgesegnet wurde. Im Moment sieht es also für mich danach aus, als würde die Armee die Aufträge der Politik umsetzen.

Dass es Verbesserungsbedarf gibt, ist unbestritten - zumindest bei der Armeeführung. Wie sich die Politik dazu stellt, wird sich dann weisen (Stichworte: Verteidigungsfähigkeiten Luft, Erneuerung der Grosssysteme Boden, Erneuerung Telekommunikation).

PS: Zur Flughöhe:

Übrigens geht es hier nicht um die von Dir wiederholt erwähnte operative Stufe, sondern um die strategische Stufe.
Nein, es geht eben nur um die operative Stufe. So lange kein Gegner "vor der Haustüre" steht, kann keine Strategie entwickelt werden. Die Strategie kann erst bei vorliegen einer konkreten Bedrohung entwickelt werden, da sie sonst nicht auf einen angestrebten Endzustand ausgerichtet werden kann (Stichwort: Zentrum/Zentren der Kraftentfaltung). Die Erarbeitung einer Strategie ist Sache der strategischen Führung (Bundesrat), der dabei durch die militärstrategische Stufe (Oberbefehlshaber) unterstützt wird. Die Armee muss also eines der Tools in der strategischen Werkzeugkiste des Bundesrates sein. Die strategische Stufe legt die Strategie fest, die operative Stufe setzt sie um (zumindest in der Schweiz - global agierende Armeen wie die U.S. Armee behandeln das Thema Strategie durchaus auch militärisch). Damit die strategische Stufe sichergehen kann, dass die operative Stufe in ihrem Sinne umsetzt, gibt es eine Doktrin (die sich dann in den Reglementen niederschlägt).

 
Die russischen Streitkräfte werden auch morgen kein realistischer Gegner sein. 
Das dachten die Ukrainer auch bevor die schwarzen Männchen auf der Krim auftauchten. Schliesslich hatte Russland der Ukraine im Gegenzug dazu, dass diese die Sowjetischen Atomwaffen abgegeben hatte, die territoriale Unversehrtheit garantiert.

Aussage des Div Kdt bezüglich Übungsszenarien war dort, dass mit der Inf und dem G Bat die Verteidigung geübt werden soll.
Das freut mich. Es bedeutet aber auch, dass im Verteidigungsfall die ustü Hilfe an die Kantone wegfällt, denn beides können die Ter Div nur schon aus personellen Gründen nicht leisten.

Das Prinzip des ausrichten auf die gefährlichste gegnerische Möglichkeit macht im Lehrbuch sicher Sinn. In der Armee (nicht nur in der Schweiz, sondern in allen mir weltweit bekannten Armeen - selbst Nordkorea) ist man zurecht davon abgerückt. Es wird nun in der Schweiz eine Kombination aus wahrscheinlichster und gefährlichster gegnerischer Möglichkeit ermittelt, die dann als "bestimmende gegnerische Möglichkeit" bezeichnet wird. Der Grund ist relativ einfach. Wenn wir nur von der gefährlichsten gegnerischen Möglichkeit ausgehen, müssen wir rasch zu Erkenntnis gelangen, dass die dazu nötigen Mittel die Schweizer Volkswirtschaft rasch überlasten.
Die dafür benötigten Mittel übersteigen das Armeebudget, auf keinen Fall aber übersteigen sie die Möglichkeiten der Schweizer Volkswirtschaft. Und das ist genau mein Punkt. Uns geht es wirtschaftlich so gut wie noch nie,  und trotzdem konnten wir uns schon früher ein wesentlich höheres Verteidigungsbudget leisten.

Um also 600'000 AdA auszurüsten wäre ein initiales Rüstungsbudget von grob geschätzten CHF 20 - 40 Milliarden nötig. Dazu noch Immobilienprojekte im Umfang mehreren dutzend Milliarden CHF. Und das laufende Armeebudget wäre wahrscheinlich um die CHF 10 - 15 Milliarden pro Jahr. Nun stellt sich also die Frage, ob die Bürgerinnen und Bürger das so wollen. Kombiniert mit viel längeren Absenzen von der Arbeitsstelle (Stichwort: Kann das die Wirtschaft überhaupt finanzieren?). 
Du triffst den Kern der Sache. Die Wirtschaft kann das sicher finanzieren. Die Frage ist politisch: Will man es finanzieren. Was ist man bereit, für die Sicherheit und Stabilität des Wirtschaftsstandortes Schweiz zu bezahlen. Zum Vergleich: Die Schweiz gibt jährlich 23 Mrd für die soziale Wohlfart aus (ich sage nicht, dass man das kürzen soll, aber als Vergleich). Die direkte Bundessteuer (übrigens anno dazumals als "Kriegssteuer" eingeführt) liefert 22.7 Mrd, die MwSt 23.4 Mrd. Die Gesamten Bundeseinnahmen betragen 73 Mrd. Franken. Das Bruttoinlandsprodukt der Schweiz (BIP) beträgt 680 Mrd. Franken. Wir sprechen also nicht über Summen, die wir uns nicht leisten können, aber Du hast recht, die Frage ist, ob wir uns das leisten wollen. 

Ich bin aber der Meinung, man muss den Bürgerinnen und Bürgern schon sagen, dass sie für die derzeitige Summe (welche ja auch nicht gerade klein ist) eine minimale Armee kriegt, welche im Verteidigungsfall nicht bestehen wird.
Wird die Armee grösser, kostet sie auch mehr, die Schlagkraft nimmt aber überproportional zu. Und es ist zu spät, er kurz vor dem Konflikt aufzurüsten.

Nein, es geht eben nur um die operative Stufe. So lange kein Gegner "vor der Haustüre" steht, kann keine Strategie entwickelt werden. 
Das stimmt nicht. Gemäss "Begriffe Führungsreglemente der Armee" versteht man unter "strategischer Führung", ich zitiere

Aufgabe der Staatsführung. Aufgrund einer politischen Beurteilung des globalen Umfeldes legt die Staatsführung die Zielsetzungen fest, um die nationalen Interessen des Landes zu wahren. Die Sicherheitspolitik ist Teil davon.
Es geht erst Mal nicht darum, wie die Armee operativ geführt wird. Einen Gegner braucht man nicht, um eine Strategie zu entwickeln, taucht aber einer auf, muss man die Strategie ggf. anpassen. Es geht darum, wie man die derzeitige Lage einschätzt (z.B. im Sicherheitspolitischen Bericht) und welche Konsequenzen man daraus ableitet.

Der angestrebte Endzustand ist hoffentlich unbestritten und von einem Gegner im Grundsatz unabhängig: Die territoriale Unversehrtheit der Schweiz wie sie derzeit existiert und die Aufrechterhaltung der Freiheit und der Demokratie in diesem Land. 

Das heisst, aktuell existiert eine Strategie, welche auf einer sicherheitspolitischen Einschätzung beruht. Ich bin aber mit dieser Strategie nicht einverstanden, was ich hier dargelegt habe.

 
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Ich will euch bei eurer hitzigen Diskussion nicht stören (die ich sehr interessiert mit verfolge),  noch habe ich die Zeit detailliert meinen Senf dazuzugeben. Dennoch hätte ich da einen Punkt. 

„Die dafür benötigten Mittel übersteigen das Armeebudget, auf keinen Fall aber übersteigen sie die Möglichkeiten der Schweizer Volkswirtschaft. Und das ist genau mein Punkt. Uns geht es wirtschaftlich so gut wie noch nie,  und trotzdem konnten wir uns schon früher ein wesentlich höheres Verteidigungsbudget leisten.„

Das alles klingt ja alles ganz schön, aber so ist es meiner Meinung nach mehr als realitätsfern. Wir haben von Jahr zu Jahr mehr Zivildienstgesuche, der Ruf der Armee bei Teilen der Bevölkerung ist leider wirklich nicht der beste und so weiter und so fort. Eine Aufstockung der Armee in der Grössenordnung, wie du es vorschlägst ist einfach nur realitätsfern. Der Grossteil der heutigen Rekruten beschwert sich ja schon, wenn sie 124 Tage Rekrutenschule bewältigen müssen und dann eine Dienstpflicht bis 40 fordern naja... 

Meiner Meinung nach ist die WEA eine sehr gute Antwort auf die Zukunftsfrage unserer Armee. Statt über Dienstpflicht bis 40 und Ausgaben in vielfacher Höhe der heutigen zu diskutieren, müssen wir erstmal die Erneuerung unserer Armee hinkriegen,  nicht deren Aufstockung. Die Leopard, F/A18, M109, M113 (eigentlich eine Frechheit, dass die noch fahren dürfen), die älteren Eagle und so weiter und so fort, die Nutzungsfristen unseres Material erreichen schon bald ihr Ende. Das Geld für den Ersatz reicht dabei hinten und vorne nicht. 

 
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@crazyspider: Nur zur Richtigstellung, der damals genannte Landsturm waren keine Home Guard im eigentlichem Sinn. Die Landsturmeinheiten waren AdA die noch ihre 4 Wochen WK Pflicht  nicht in Kampfeinheiten absolvieren mussten, also kein 55 jähriger bei der Infanterie/ Panzer usw.    Ganz anders ist natürlich der Auftrag von Heimwehren, Home Guards oder in den USA National Garde genannt. Kenne diese Organisationen bestens in Schweden, Finnland und Norwegen. Diese Truppen dienen in erster Linie der Deckung der regulären Armee. Ausrüstung nicht so aktuell, G3 Gewehre im alten NATO Kaliber.  Wird wieder aktuell von 2 Ländern zurückgesetzt auf keine Berufsarmee mehr! Hatte auch schon die Gelegenheit bei einer Übung der US National Garde in Kalifornien dabei zu sein. Da wird alle 4 Monate eine Wochenendübung  gemacht, für mich eher eine Pfadi Übung.